Drei Trinklieder für Männerchor a.c. nach
Texten von Theodor Kramer
Sozusagen als stimmlichen wie auch inhaltlichen Kontrast zum jüngst
entstandenen Requiem verstehe ich die nun entstehenden
Trinklieder. Die Texte sind meiner Meinung nach eine tolle Mischung aus
Überschwang, Ausgelassenheit und Trotz einerseits sowie Besonnenheit und
Resignation andererseits. Stilistisch gesehen, sind die Chöre im tonal
erweiterten Stil geschrieben, sind aber zumindest von mittlerem
Schwierigkeitsgrad.
Die Texte stammen aus dem Gedichtband "Spätes
Lied" von Theodor Kramer (Europaverlag, München-Wien, 1996)
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1.Herbstliches Trinklied
Trinkt! Der Herbstwind tost vorm Haus / in den Malvenbroten, / tost und
bläst die Schoten aus. / Alle leeren Schoten!
Nüsse fallen dumpf ins Gras, / weil sie fallen müssen; / bringt mir,
Freunde, drum dies Glas, / allen schwarzen Nüssen!
Dürr sinkt's in den Beeten ein, / löst sich's von den Planken; / Brot und
Rauch schmeckt aus dem Wein. / Allen dürren Ranken!
Schoten, Nüsse, Ranken sind / wie wir selbst uns teuer; / preist, der bald
uns holt, den Wind, / das uns frißt, das Feuer!
2.Trinklied der Alten
Es ist im Jahr schon spät, / des Schlingkrauts Flaum verweht, / es gilbt die
letzte Aster, / die noch im Garten steht.
Der Halm knickt morscher ein, / gegoren hat der Wein; / drum laßt uns ihn
verkosten, / Geselln, und fröhlich sein.
Den Faden, der sich spinnt, / trennt sacht vor Nacht und Wind; / laßt
dankbar uns verwundern, / daß wir noch übrig sind.
3.Trinklied der Fünfziger
Es ist eine Zeit für die Muße, / es ist eine Zeit für den Streit, / es ist
eine Zeit für die Buße, / für alles die richtige Zeit.
Und wer um sie weiß, der ist weise, / und eins mit dem, was ihm geschah, /
wie keiner in unserem Kreise; / sonst säßen wir nicht alle da,
ihr Freunde, um einen zu heben, / und hätten geprahlt nicht, geträumt, /
und hätten nicht alle zu leben / und mancher zu sterben versäumt.
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