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Lieder nach Texten von Carol Ann Duffy

Vor einiger Zeit fiel mir durch meine Schwester der Gedichtband new selected poems 1984-2004 von Carol Ann Duffy in die Hände. Ich war sehr bald begeistert von der Simplizität der Sprache einerseits und der Tiefe und Komplexität der Gedanken andererseits. Diese Mischung der vorliegenden Gedichte hat seit der ersten Lektüre des Gedichtbandes in mir immer wieder die Sehnsucht geweckt, mich kompositorisch mit diesen schönen Texten auseinanderzusetzen.

16.Mai 2005:
Nach der nochmaligen Lektüre wählte ich heute Pfingstmontag neun Gedichte im englischen Original aus, die ich in nächster Zeit vertonen möchte. Besonderen Eindruck hinterließ folgendes Gedicht:

Drunk

Suddenly the rain is hilarious.
The moon wobbles in the dusk.

What a laugh. Unseen frogs
blech in the damp grass.

The strange perfumes of darkening trees.
Cheap red wine

and the whole world a mouth.
Give me a double, a kiss.

Noch ist es nicht klar, für welche Besetzung diese Lieder geschrieben werden, ich denke jedoch an eine eher tiefe Frauenstimme und ein kleines, buntes Kammermusikensemble. Na ja, man wird sehen.

22. Mai 2005:
Heute habe ich mit der Komposition des ersten Liedes Drunk (siehe oben) begonnen und gleichzeitig die Besetzung für dieses Werk festgelegt:

Klarinette in Es (auch in B, auch Bassklarinette in B)
Horn in F
Schlagwerk (für einen Spieler, sehr vielfältig)
Kontrabass (Viersaiter)
Altstimme

-> Beginn der Skizze

3.September 2005:
Die Komposition des Liedes Drunk ist beendet, ebenso die Reinschrift des Stückes. Darüber hinaus habe ich folgende Gedichte von Carol Ann Duffy zur Vertonung ausgewählt,

Far Be It
Lizzie, Six
Lovesick
All Days Lost Days
Words, Wide Night

die ich beabsichtige, im Laufe des Herbsts zu vollenden.

11. Februar 2006:
Im Laufe der letzten Woche habe ich zwei weitere Lieder in Partiturskizze fertig stellen können:

Words, Wide Night

Somewhwere, on the other side of this wide night
and the distance between us,
I am thinking of you.
The room is turning slowly away from the moon.

This is pleasurable.
Or shall I cross that out and say it is sad?
In one of the tenses I am singing an impossible song of desire
that you cannot hear.

La la la la. See? I close my eyes and imagine
the dark hills I would have to cross to reach you.
For I am in love with you
and this is what it is like or what it is like in words.

Den nächtlichen Farben dieses Gedichtes versuche ich durch die Verwendung der Bass-Klarinette gerecht zu werden. Das im wesentlichen dreiteilige Lied wird umrahmt von ruhigen Liegetönen der tiefen Instrumente, in die sich die rezitativische Stimme sowie  vereinzelte Klangtupfer der Schlaginstrumente mischen. Ein kurzer tänzerischer Mittelteil ("This is pleasurable ...") hebt sich von der dunklen Stimmung ab. -> Ein Blick auf die Skizze

Das zweite kürzlich vertonte Gedicht ist eines der für mich klarsten Gedichte über den Krieg an sich und über die Sensationsberichterstattung einerseits und über die drohende Erkaltung unsere Gefühle und unseres Intellekts andererseits. Meine Vertonung  folgt einem rhythmisch äußerst freien und ständig wechselndem Duktus:

Far be it

Far, far, far
be it from me
this war;

far be it from me
to sieve the news
for poetry.

But the boy who bled
from his stumps of arms
and wasn't dead

held the shape of the crucifix
they hung round my neck
when I was a kid.

Brought to my knees, I genuflect,
shaking with rage and shame
at the TV set.

Diesmal setze ich die B-Klarinette ein, der Schlagzeuger muss das ganze Drum-Set bedienen. Es wechseln sich metrisch sehr freie und rhythmisch strenge Abschnitte ab; die freie Diktion der Singstimme zu Beginn überträgt sich später auch auf die Melodieinstrumente. -> Beginn der Skizze

12. Februar 2006:
Heute habe ich ein weiteres Lied zu skizzieren begonnen:

Lizzie, Six

What are you doing?
I'm watching the moon.
I'll give you the moon
when I get up there.

What are you doing?
To play in the fields.
I'll give you fields,
bend over that chair.

What are you thinking?
I'm thinking of love.
I'll give you love
when I've climed this stair.

Where are you hiding?
Deep in the wood.
I'll give you wood
when your bottom's bare.

Why are you crying?
I'm afraid of the dark.
I'll give you the dark
and I don't care.

Die Situation scheint zuerst recht harmlos, entwickelt sich aber - wenn auch immer sehr subtil - in Richtung eines recht unheilvollen Geschehens. Dementsprechend beginnt das Lied mit einem harmonisch-melodisch sehr einfachen, aber rhythmisch bereits irritierenden Ostinato im Xylofon mit Begleitung des Kontrabasses. Diesmal verwende ich wieder die Es-Klarinette, weil sie den verstörenden, am Ende grausamen Unterton besser verkörpern kann als ihre beiden tieferen Geschwisterinstrumente.
-> Beginn der Skizze

13. Februar 2006:
Die Skizzierung von Lizzie, Six ist beendet. Es wird das zentrale Stück dieses Liederzyklusses mit einer Länge von fast 5 Minuten! Nun stelle ich erste Überlegungen zur Vertonung des folgenden Gedichtes an:

Lovesick

I found an apple.
A red shining apple.
I took its photograph.

I hid the apple in the attic.
I opend the skylight
and the sun said, Aah!

At night, I checked that it was safe,
under the giggling stars,
the sly moon. My cool apple.

Whatever you are calling about,
I am not interested.
Go away. You with the big teeth.

Ich habe vor, ganz sparsam zu instrumentieren: immer nur das Schlagwerk verbunden mit höchstens einem Instrument zusätzlich. Das Horn werde ich ganz aussparen und wieder die Bassklarinette einsetzen.

14. Februar 2006:
Die Skizzierung von Lovesick habe ich heute beenden können. -> Ende der Skizze
Darüber hinaus habe ich mit der Vertonung von All Days Lost Days begonnen. Es wird das einfachste, aber auch das melodiöseste Stück in diesem Liderzyklus werden. Die Begleitung wird fast ausschließlich von der B-Klarinette übernommen, die einen gesanglichen Widerpart, sozusagen das innere Du darstellt.

All Days Lost Days

Living
in and out the past,
inexplicably
so many things have died
in me.

In and out like a tide,
each tear
holds a tiny hologram,
Even this early
I am full of years,

Here are the little gravestones
where memory
stands in the wild grass,
watching the future
arrive in a line of big black cars.

All days
lost days, in and out of themselves
between dreaming
and dreaming again and half -
remembering.

15. Februar 2006:
Das letzte geplante Lied All Days Lost Days ist nun fertig skizziert -> Beginn der Skizze.
Somit wäre also die Kompositionsarbeit dieses Werkes abgeschlossen und es folgt - in nächster Zeit - die Verfassung der Reinschrift am Computer. Diese sehr zeitintensive Arbeit wird voraussichtlich etliche Wochen in Anspruch nehmen.

Fortsetzung folgt ...